... und 2009 fiel dann der Schnee!

Schon bei der zweiten Auflage von Short Talks sah sich das Team mit größeren Umstellungen konfrontiert, nicht nur was die Technik angeht. Da Lucien mit dem Dreh einer aufwendigeren Dokumentation in Singapur betraut war und deswegen dieses Mal nicht zur Berlinale kommen konnte, lag es 2009 an mir alleine, das Projekt erneut auf die Beine zu stellen. Glücklicherweise sorgte die Erfahrung des Vorjahres zusammen mit der erneut hervorragenden Unterstützung von Maike, Nicole Stecker (Assistenz) und dem restlichen Team der Berlinale Shorts dafür, dass sich diese Aufgabe als gar nicht mal so große Hürde herausstellte wie vorab vermutet bzw. befürchtet. Vom ersten Tag an waren alle Kontaktdaten der Regisseure und auch einiger Schauspieler parat, viele der späteren Drehorte konnten vorweg eingeplant werden und die Investition in die Allrounder-Cam XH-A1 von Canon sorgte auch bei komplizierteren Aufnahmebedingungen aus der Hüfte heraus für ansprechende HD-Bilder, ohne das improvisierte Flair des original Short Talks von 2008 zunichte zu machen.


Obgleich sich die Zuschauer auch beim zweiten Short Talks wie in einer privaten Gesprächsrunde mit den verschiedensten Kurzfilmregisseuren aus allen Ecken der Welt fühlen sollten, montierte ich beim Schnitt auch Aufnahmen aus der Umgebung des Potsdamer Platzes hinzu, die während der Berlinale entstanden sind. Der Gedanke hierbei war, das Publikum nicht nur mit den Shorts und deren Schöpfern vertraut zu machen, sondern ihnen auch die tolle Atmosphäre des Festivals zu vermitteln, das ohne jede Trenngrenze mitten in der Stadt sein Leben entfaltet. Eine besondere Begegnung hatte ich dabei mit einem Straßenmusikanten, der mich darum bat, dass ich ihm den fertigen Kurzfilm mit seinem kleinen Auftritt per E-Mail zusende. Seine Familie habe ihn seit Monaten nicht mehr gesehen, so der aus Frankreich stammende Rucksacktourist. Da kämen meine Aufnahmen von ihm in der Berlinale-Kulisse gerade richtig.

Ein weiterer magischer Moment ereignete sich am frühen Morgen, direkt nach der After Show Party der Berlinale Shorts Awards. Während ich einsam mit meinem Equipment auf dem Weg zur U-Bahn war, fing es aus heiterem Himmel heftig zu schneien an. Obgleich ich unzählige Shots von umhertänzelnden Schneeflöckchen und interessanten Lichtreflektionen vor dem Hauptschauplatz der Berlinale auf Band festgehalten hatte, konnte ich der Magie des Ganzen beim Schnitt von Short Talks 2009 letztendlich nur wirklich gerecht werden, indem ich zum Abschluss nur einen einzigen, kurzen Augenblick auf die wilde Kulisse offenbarte, der dafür umso besonderer wirken sollte.

Ioana Blaj, Paul Ipate / 2009
Im Film nicht zu sehen und trotzdem als weiteres Beispiel für die Besonderheit der Berlinale Kurzfilmsektion sei die Herzlichkeit genannt, mit der mir während des Festivals nicht nur das Shorts-Team begegnet ist, dessen Büro jedes Jahr immer wieder eine warme Sammelstelle für Filmemacher und Freunde des Festivals darstellt. Auch neben der Kamera waren Regisseure wie Kazik Radwanski und Nicholas Brooks, deren Namen man in der internationalen Independent-Szene durchaus schon mal gehört haben dürfte, immer fröhlich zum Plaudern oder übers Festival schlendern aufgelegt. Ein lockeres Zusammen-Feiern nach den Awards selbstverständlich inbegriffen. Selbiges gilt für Produzenten wie Daniel Montgomery oder Schauspieler wie Paul Ipate und Ioana Blaj. Das Miteinander bei den Berlinale Shorts ist ein sehr ungezwungenes, herzliches, das nicht von ständigem "Networking"-Zwang erdrückt wird und bei dem sich alle Beteiligten ganz natürlich durch die Liebe zum Film miteinander verbunden fühlen. Und das gilt selbst für den normalen Zuschauer von der Straße, der sich gerade eben spontan ein Ticket für die Kurzfilme gekauft hat, während er mitten durchs Festival hindurch eigentlich auf seinem täglichen Weg von der Arbeit nach Hause war.

Leila Albayaty / 2009
Man kann die einzigartigen Verbindungen, die man während der Berlinale-Zeit knüpft, allerdings nicht nur auf die Tage des laufenden Festivals beschränken. Als mich Animationsgenie David O'Reilly viele Monate nach der Berlinale 2009, bei der er den Goldenen Bären gewann, zufällig auf dem Flughafen Heathrow in London sah und wir tatsächlich mit derselben Maschine zurück nach Berlin flogen, war er es, der von sich aus auf mich zu ging und später tatsächlich noch im Bus bis zur Endhaltestelle mit mir plauderte. Er schaffte es aus Zeitgründen nicht, auch im zweiten Short Talks dabei zu sein und auch sonst hatten wir nach den beiden letzten Festivals keinen richtigen Kontakt mehr. Und trotzdem, an diesem Tag plauschten wir wie sehr alte Freunde, die sich lange nicht mehr gesehen hatten und nun die gute Zeit von früher Revue passieren ließen. Mit VU-Regisseurin Leila Albayaty (Special Mention 2009) filmte ich für Short Talks nachträglich, da wir während der Berlinale keinen passenden Termin zustande brachten. Unser Interview dauerte eine halbe Stunde, ihre Erzählungen über VU und die Verbindung zwischen dem Film und ihrem wahren Leben dagegen die ganze Nacht bis zum frühen Morgen. Es sind diese kleinen Storys, die am Rande des eigentlichen Kerns von Short Talks stattfinden, welche künftig hier in diesem Blog verewigt werden sollen.